Berlin hat viele Baustellen. Nun kommt eine besonders glänzende hinzu: das erweiterte Bundeskanzleramt. Die Regierung wächst stetig – und das Gebäude gleich mit. Schließlich muss ja irgendwo Platz sein für all die Ideen und PowerPoint-Präsentationen, die das Land am Laufen halten.
Platz da!
Aktuell verfügt das Kanzleramt über rund 25.000 Quadratmeter Nutzfläche. Das klingt viel – ist es auch. Aber offenbar nicht genug. Nach dem geplanten Ausbau soll die Fläche auf 50.000 Quadratmeter verdoppelt werden.
Zum Vergleich: Das Weiße Haus in Washington bringt es auf bescheidene 5.100 Quadratmeter Innenfläche. Heißt also: Das Kanzleramt ist dann schon etwa zehnmal so groß wie das Zuhause des US-Präsidenten. Man könnte sagen: Wir sind nicht die größten, aber wir sind stets bemüht.
Die Milliarde, die Platz schafft
Die Kosten für die Erweiterung liegen laut aktuellen Schätzungen bei 777 Millionen Euro – doch wer das Berliner Bauwesen kennt, weiß: Zahlen wie diese sind oft eher poetische Vorschläge. Experten rechnen inzwischen damit, dass die Summe bis 2027 auf rund eine Milliarde Euro steigen wird. Die Berliner Zeitung hatte das Ganze aktuell schon einmal heruntergebrochen: 17.968 Euro pro Quadratmeter Baukosten. Ein einziger Quadratmeter kostet also so viel wie zwei richtig gute Einbauküchen beim Fachhändler
Ein Gedankenexperiment: Eine Milliarde und kein bisschen bescheiden
Man stelle sich vor, man hätte diese eine Milliarde Euro nicht für ein Gebäude mit Kanzlergartenblick, sondern für etwas Greifbareres.
Über zehn Jahre verteilt (also 3.650 Tage) könnte man jeden Tag eine Immobilie im Wert von 274.000 Euro kaufen. Jeden. Einzelnen. Tag.
Oder anders gesagt: Für die geplanten 400 neuen Arbeitsplätze im erweiterten Kanzleramt könnte man neun Eigentumswohnungen à 274.000 Euro pro Person erwerben.
Wir alle sollte an diese Zahlen denken, wenn im Kanzleramt jemand das nächste Mal etwas wie bei diesen Zitaten sagt:
Friedrich Merz:
„Mit Vier-Tage-Woche und Work-Life-Balance werden wir den Wohlstand dieses Landes nicht erhalten können.“(CDU-Wirtschaftstag, 14. Mai 2025)
„Wir werden sparen müssen. Wir werden erhebliche Reformen in diesem Lande durchsetzen müssen.“(Presseaussage, 16. März 2025):
Lars Klingbeil:
„Als Finanzminister werde ich darauf drängen, dass jedes Ministerium Esparungen vorbringt. Sich zurückzulehnen … geht nicht.“ (RND-Interview, 18./19. Mai 2025)
Artikel: Mark Jürgensen
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