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Das erkrankte Gesundheitssystem

Haben Sie auch das Gefühl, dass wir immer mehr für unser Gesundheitssystem bezahlen müssen, aber immer weniger dafür bekommen? Haben die Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) 2015 noch 70,25 Milliarden Euro für die Krankenhäuser ausgegeben, so waren es in 2021 bereits 85,87 Milliarden. Ein sattes Plus bei den Ausgaben also, obwohl wir immer weniger Krankenhäuser haben.

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Privatisierung und Ökonomisierung – Investoren frohlocken, Patienten leiden

Von 2002 bis 2021 ist die Zahl der Krankenhäuser in Deutschland von 2.221 auf 1.887 gesunken. Das dicke Plus an Geld verteilt sich also auf immer weniger Einrichtungen. Dabei steckt aber der Teufel im Detail: während in dem genannten Zeitraum öffentlich betriebene und freie-gemeinnützig betriebene Krankenhäuser weniger wurden (ihre Zahl sank von 1.694 auf 1.154), nahm die Zahl der privaten Einrichtungen zu. Sie stieg von 527 auf 733. Die privaten Einrichtungen aber sind noch extremer auf Rendite getrimmt, zum Leidwesen der Patienten.

Im gleichen Zeitraum hat das beschäftigte Personal zugenommen.

Der Abbau an Kliniken hat nicht zum Verlust von Personal geführt. Obwohl wir weniger Kliniken haben, beschäftigen wir mehr Personal. Kamen 1996 auf einen Arzt noch 4,38 Betten, sind es in 2021 nur noch 2,25 Betten. Klingt zunächst für Patienten nach optimierten Betreuungsbedingungen.  Die Realität aber ist eine andere. Lange Wartezeiten, überfüllte Notaufnahmen, verschobene OPs. Alltag in unseren Kliniken.

In den letzten 25 Jahren wurden 110.000 Betten abgebaut

Während die Zahl der Patienten jedoch stark anstieg. So verzeichnen wir aktuell 600.000 Patienten mehr, die mit den 110.000 Betten weniger zu versorgen sind. Das geht nur mit extremer Effizienzausrichtung. Patienten müssen möglichst ambulant oder so kurz wie möglich behandelt werden. 1991 lag die durchschnittliche Verweildauer eines Patienten noch bei 14 Tagen. 2021 liegt der Wert bei 7,2 Tagen. Sobald sie also einigermaßen transportfähig sind, werden sie vor die Tür gesetzt, damit der nächste Patient »versorgt« und abgerechnet werden kann.

Beliebt sind Operationen mit kurzer Aufenthaltsdauer.

Die sind gut für hohe Gewinne. Ungern behandelt man dagegen Patienten mit langem Aufenthalt. Die Fallpauschalen haben das nochmals verschärft. Der in den 1990er Jahren stark forcierte Weg der Privatisierung und Ökonomisierung hat die Patienten zu Renditeobjekten gemacht. Um Menschen, die Heilung benötigen und entsprechend heilsame Behandlung erfahren, geht es schon lange nicht mehr beim Betrieb von Kliniken. Helios und Co bringen ihren Investoren die gewünschten Renditen ein, den Preis zahlen die Patienten. Und nicht nur die, denn auch das Personal muss mit diesen unwürdigen Bedingungen zurechtkommen.

Oftmals sind es nur noch Idealisten, die wirklich für Menschen da sein wollen.

Die aber in diesem System ausgepresst und ausgebeutet werden. Was immer häufiger zu Kündigungen und beruflicher Veränderung führt. Menschlichkeit, Solidarität und Fürsorge verschwinden also aus den Krankenhäusern. Aber leider setzen alle »Gesundheitsexperten« in der Politik auch weiterhin auf das von Lobbyisten eingeflüsterte Lied des Marktes. So fällt ihnen nicht mehr ein, als uns noch mehr finanziell zu belasten und damit die Renditen zu füttern.

Ein Kurswechsel wäre wichtig und ist mehrheitsfähig.

Weg von den privaten Investoren hin zu öffentlich getragenen Kliniken. Mit an den Behandlungsnotwendigkeiten ausgerichteten Finanzierungen. Und dann eine Stärkung der Hausärzteschaft, so dass Patienten bei diesen auch behandelt werden und nicht die Notaufnahmen verstopfen müssen, um überhaupt einen Arzt zu Gesicht zu bekommen. Schließlich noch eine wirkliche, unbürokratische Förderung der Prävention und unser Gesundheitssystem könnte wieder auf die Füße kommen.

Alle Daten sind der GENESIS-Datenbank des Statistischen Bundesamtes entnommen.

https://www.destatis.de/

Einen guten Überblick bietet auch der VDK an:

https://www.vdek.com/presse/daten/d_ausgaben_krankenhaus.html

Bildquelle: Shutterstock

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