Im Jahr 2024 stieg die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland um 16,8 % im Vergleich zu 2023, was den höchsten Wert seit 2015 markiert. Insgesamt meldeten 22.400 Unternehmen Insolvenz an, darunter prominente Fälle wie die Esprit Europa GmbH, die alle 56 deutschen Filialen schloss und 1.300 Stellen strich. Besonders betroffen waren der Einzelhandel, das Baugewerbe und die verarbeitende Industrie.
Allein im ersten Halbjahr 2024 erreichten die Gläubigerforderungen 32,4 Milliarden Euro
Eine Verdopplung gegenüber dem Vorjahr. Experten warnen außerdem, dass große Insolvenzen oft Dominoeffekte entlang der Lieferketten auslösen. Um diese Summe zu verdeutlichen: Dafür müssten Sie bei einem Durchschnittslohn von 21 Euro pro Stunde satte1,5 Millionen Jahre arbeiten. Für diesen Betrag könnte man aber auch über 1 Milliarde Bäume pflanzen und damit die Umwelt nachhaltig beeinflussen. Würde man den Betrag in 500-Euro-Scheinen aufeinanderstapeln, wäre der Stapel über 6.400 Kilometer hoch – mehr als 800 Mal die Höhe des Mount Everest.
Düstere Aussichten auch für 2025.
Die deutsche Wirtschaft befindet sich in der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Seit 2023 schrumpft das Bruttoinlandsprodukt (BIP) kontinuierlich, und für 2025 wird vom Handelsblatt Research Institute (HRI)ein weiterer Rückgang von 0,1 % prognostiziert. Wesentliche Ursachen sind hohe Energiepreise, bürokratische Hürden und strukturelle Probleme in Schlüsselindustrien. Die Automobilindustrie, etwa, kämpft mit dem Einbruch des Elektroautomarkts, ausgelöst durch den Wegfall staatlicher Subventionen und die Konkurrenz chinesischer Hersteller. Auch die Stahlindustrie leidet unter der teuren Umstellung auf klimaneutrale Produktion.
Energiepolitik als gefährlicher Belastungsfaktor
Die Transformation hin zu erneuerbaren Energien bringt extreme Kosten mit sich: Der Ausbau der Infrastruktur und die Entwicklung von Speichertechnologien belasten die Wirtschaft erheblich. Hohe Strompreise mindern die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen und beeinträchtigen private Haushalte, die eh schon an vielen Stellen durch die steigenden Preise ans Limit geraten. Die Abhängigkeit von wetterabhängigen Energiequellen wie Solar- und Windkraft führt außerdem zu Versorgungsunsicherheiten, da Phasen geringer Produktion durch teure Stromimporte kompensiert werden müssen. Hierbei macht sich die fehlende, günstige Gasversorgung aus Russland und die Abstellung der deutschen Atomkraftwerke schmerzhaft bemerkbar.
Arbeitsmarkt und Stellenabbau
2024 führte die Insolvenzwelle zu einem massiven Stellenabbau. Laut Creditreform waren rund 320.000 Arbeitsplätze davon betroffen, ein Anstieg von über 50 % gegenüber 2023. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) berichtet, dass 43 % der Unternehmen im Jahr 2025 mit weiteren Stellenstreichungen rechnen und der Stellenabbau auch in den kommenden Jahren anhalten könnte. Die Bundesagentur für Arbeit prognostizierte, dass die Zahl der Arbeitslosen 2025 auf über 3 Millionen steigen könnte.
Ohne tiefgreifende wirtschaftspolitische Maßnahmen droht eine anhaltende Abwärtsspirale. Die Kombination aus strukturellen Schwächen, energiepolitischen Herausforderungen und internationaler Konkurrenz lässt wenig Hoffnung auf eine wirtschaftliche Erholung. Deutschlands Wirtschaftspolitik steht an einem Scheideweg – die Entscheidungen der kommenden Jahre werden richtungsweisend sein.
Es stellt sich nur die besorgniserregende Frage, wer es richten soll.
Text: M. Jürgensen
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